|
 
|
LEE
"SCRATCH" PERRY & THE WHITE BELLY RATS
31.05.2014 - YAAM Berlin

|
|
Rainford
Hugh Perry, alias Lee „Scratch“ Perry, The Creator
Of Dub
oder The Mighty Upsetter hat inzwischen seinen 78. Geburtstag gefeiert.
Der Mann mit Legendenstatus, der die Geschichte des Reggae
maßgeblich beeinflusst hat, ist nach wie vor ein starker
Publikumsmagnet und arbeitet Jahr für Jahr an
Neuveröffentlichungen.
Der letzte Geniestreich heißt „Back
On The Controls“ und erschien am 29. April 2014.
Das
Werk kommt gleich mit zwei Scheiben daher, da es zu jedem Track noch
eine Dub-Version gibt. Wieder einmal stellt Lee Perry seine genialen
Fähigkeiten unter Beweis. Möge uns seine
Schaffenskraft noch lange erhalten bleiben!! |
Im Mai
dieses Jahres ging der Großmeister des Reggae und Dub nach
bewährtem Erfolgsrezept mit den White Belly Rats auf
Deutschlandtour. Erinnert sei nur an das überaus erfolgreiche
Album „Panic In Babylon“, welches er mit der
Schweizer Band The White Belly Rats (WBR) aufgenommen und im Jahr 2004
veröffentlicht hatte. Parallel zu seinem neuen Album, hat er
auch noch mit Starkee von den WBR eine EP mit dem Titel „In
Deep Space“, am 24. April veröffentlicht.
Wer Lee Perry schon einmal mit den WBR erlebt hat, wird wissen, in
welche Sphären der Zuhörer entführt wird.
Wegen der vielfältigen Partnerschaften von Lee Perry und der
daraus resultierenden Alben, ob es nun mit Mad Professor, Adrian
Sherwood, E.R.M. oder WBR ist, steht die Linie der zu erwartenden Show
bei diesen Kollaborationen schon fest. Gewaltiger Reggae Sound, mit
einer gehörigen Prise Dub und niederschmetternde
Bässe, dass einem die Ohren schmerzen. Andrew
„Summerjam“ Murphy hat einmal vor einer Show mit
Lee Perry gesagt: „Einmal im Leben muss man Lee Perry gesehen
haben!“ Das trifft den Nagel auf den Kopf. Wobei einmal viel
zu wenig ist. Denn wer ihn einmal erlebt hat, wird weiter zu seinen
Konzerten gehen und sich magisch angezogen fühlen. Hinzu
kommt, dass man je nach Bühnenpartner oder Backing Band stets
ein anderes Programm erlebt.
Auf
biografische Details soll hier Stelle verzichtet werden. Es wurde
schon oft zu Lee Perry auf reggaestory.de berichtet.
Eine
Zusammenstellung der Links findet man am Ende dieser Seite.
Darüber hinaus und ganz aktuell, ist Lee Perry endlich einmal
als „Titelheld“ in die Riddim #73 (Ausgabe 03/2014)
gekommen, in der sein langjähriger Freund David Katz auf
mehreren Seiten zu Wort kommen darf.
Hoffen wir, dass irgendwann auch die von ihm verfasste Biografie eines
Tages als deutsche Ausgabe zu bekommen ist („The Genius Of
Lee „Scratch“ Perry – People Funny
Boy“; ISBN
1846094437). |
 |
Darüber hinaus darf man auf die für den Herbst
angekündigte Kinopremiere der Lee Perry-Dokumentation „Vision Of
Paradise“ äußerst
gespannt und hocherfreut sein.
Movie Trailer
– Vision Of Paradise
Doch
nun zurück zu seiner Deutschlandtour, in der als 5. und
letzte Station das Berliner YAAM auf dem Programm stand. Die Tour wurde
wieder vom langjährigen Partner Revelation Concerts betreut.
Nach längerer Schließung und Umzug, feierte
das YAAM, im Rahmen eines 5-tägigen Festivals, die
Wiedereröffnung am neuen Standort „An der
Schillingbrücke“, der nur ein paar hundert Meter vom
alten Platz entfernt ist. Im Rahmen dieser Eröffnung war Lee
Perry der erste Weltstar, mit dem die neuen Rahmenbedingungen
ausgetestet werden konnten.
Hier ein paar Auszüge der Eindrücke des Tages. |
 |
Als wir eintreffen begrüßt uns erst einmal eine
über hundert Meter lange Menschenschlange, die bis hinauf zur
Brücke reicht. Am Eingang zum Club hängt
groß die Botschaft „Ausverkauft“. Das
will was heißen unter den neuen Platzverhältnissen.
Immerhin hat man gegenüber der früheren Dancehall
bestimmt doppelt so viel Platz. So zumindest Indoor.


Outdoor sieht es
nicht ganz so gut aus. Der Strand ist ein ganzes Stück kleiner
als früher, aber dafür voll besetzt wie an der
Cobacabana. Der Club liebäugelt deshalb mit einer
Nutzungsmöglichkeit des Daches, um dort noch Sportanlagen
errichten zu können. Es gibt noch viel zu tun, aber das YAAM
funktioniert schon einmal in vollen Zügen.

Indoor hat sich der Sound gewaltig zum Positiven verändert.
Momentan wird zwar nur aufgelegt, aber man kann schon jetzt erahnen,
was uns in den nächsten Stunden bevorsteht. In eine neue
Lichtanlage, die momentan noch
schlummert, aber ganz sicher großes Kino erwarten
lässt, hat man ebenfalls viel investiert. Neu ist auch, dass
die Künstler aus dem
Backstage heraus, einen direkten Bühnenzugang haben. Das ist
ein maßgeblicher Punkt, der einigen Künstlern
früher nicht gefallen hat. In Zukunft werden wir uns also auch
auf andere Acts freuen können, die bisher wegen dieses
Umstandes noch nicht im YAAM
aufgetreten sind.
Dann ist es endlich soweit, WBR nimmt Aufstellung und spielt ihren
typischen Start „Greetings“, in dem Lee Perry noch
nicht zu sehen ist und nur hinter der Bühne mit technisch
verfälschter
Stimme den Auftakt zur Show anstimmt. An der vorderen
Bühnenkante wird von Noel, Lee Perry´s Sohn, ein
Apfel platziert, der mit Räucherstäbchen gespickt
ist. Später trägt Noel Lee´s Koffer, der
sich eigentlich immer im Blickfeld von Lee Perry
befindet, auf die
Bühne. Auf dem roten Koffer befindet sich ein Bild von Haile
Selassie. Noel platziert den Koffer wie eine Ikone mittig vor dem
Drumriser und stellt eine brennende Kerze davor.

Dann wird der Sound
immer gewaltiger und drückt
heftig in die Magengrube. Es ist schon ein wenig zu viel des Guten und
ich schwanke zwischen Begeisterung und Rückwärtsgang,
um vielleicht meine Ohren etwas gesünder leben zu lassen. Der
Apfel mit den Räucherstäbchen wippt im Rhythmus der
Bässe und wandert über die Bühne bis er
schließlich von den Schallwellen des gewaltigen Sounds
umgepustet wird. Unglaublich! Nach dieser
Begrüßung kündigt Starkee
schließlich den Mighty Upsetter und Creator Of The Dub,
Mister Lee „Scratch“ Perry an, der passender Weise
mit einem alten Stück „Introducing Myself“
fortfährt und lautstark von der Massive
begrüßt wird. Lee´s Koffer musste
inzwischen wieder von der Bühne und wird nun von Noel wieder
zurückgebracht. Offensichtlich hatte der Meister noch etwas
vergessen. Aber wer weiß, bei Lee Perry kann alles irgendeine
unergründliche Bedeutung haben.


Live
Video:
Lee Perry – Greetings + Introducing Myself
(von Panic In Babylon + Battle Of Armagideon)
Live
Video:
Lee Perry – Papa Was A Rolling Stone
Die neue Beleuchtungstechnik sorgt für ein völlig
neues Konzerterlebnis und ist äußerst beeindruckend.
Wenn jetzt ab und zu der Künstler auch noch von vorn
etwas
Licht abbekommen würde, wäre das Spitze. Aber das
wird sicher noch, bei einer derartigen Wertanlage an Lichttechnik
sollte das drin sein. Die Möglichkeiten der Anlage sind ganz
sicher noch gar nicht alle ausgetestet.



Live
Video:
Lee Perry – Perry´s Ballad (von Panic In Babylon)
„I Am A Psychiatrist“, einer der herausragenden
Titel von „Panic In Babylon“, ist auch an diesem
Abend ein Highlight der Show. Musik wie aus einer anderen Welt. Wie
kann man nur mit drei Musikern solch einen Sound auf die Bühne
bringen? Das würde natürlich ohne Computertechnik
auch nicht gehen, die der vierte Mann verdeckt am linken
Bühnenrand voll ausreizt. Auch die Lichteffekte laufen bei
diesem Stück zur Bestform auf. Es ist der Hammer!


Live
Video:
Lee Perry – I Am A Psychiatrist (von Panic In Babylon)
Heute trägt Lee Perry ein weißes T-Shirt mit seinem
eigenen Bild darauf. Auch Noel hat ein Lee Perry Shirt an. Leider gibt
es keinen Merchandise Shop. Die Shirts würden sicher weggehen
wie warme Semmeln. Weiterhin hat Lee jede Menge Schmuck angelegt, wie
das bei dem Dali des Reggae so üblich ist. Die große
Kristallkugel auf dem Schirm seines „Spacecaps“
sorgt bei den heutigen Lichtverhältnissen für
besondere Effekte. Manchmal könnte man denken, dass in diesem
Kristall ein Licht brennt, so gut fängt dieser jegliches
Restlicht aus der Umgebung ein. Auffallend ist, dass Lee Perry heute
keine seiner mit allem möglichen Zierrat bestückten
Schuhe trägt. Heute ist es glatt rotes Schuhwerk, passend zu
einer
roten Hose.


Live
Video:
Lee Perry – Pussy Man (von Panic In Babylon)
Mit „Homeland Jamaica“, folgt einer der vier neuen
Titel der EP „In
Deep Space“, die Starkee gemeinsam mit Lee Perry
aufgenommen hat. Homeland Jamaica, wo die Leute Patois und die Katzen
„Catois“ sprechen, wie Lee zuvor zum Besten gibt.


Live
Video:
Lee Perry – Homeland Jamaica (von In Deep Space)
„I Believe In Miracless“ und an was noch?
„I believe in my piss“ oder „I believe in
my shit“, muss natürlich auch noch zwischen den
Titeln gesagt sein. Lee Perry wäre nicht Lee Perry, ohne sein
manchmal schwer verständliches oder ein wenig
ordinäres Geschwafel.


Live
Video:
Lee Perry – I Believe In Miracless (von Alien Starman)
Mit „Purity Rock“ naht das Ende der Show. Noel
zieht jedenfalls schon einmal auf Lee´s Zeichen hin, den
Koffer von der Bühne. Damit ist klar, dass Lee Perry ihm
gleich folgen wird. Großer Beifall, Jubel, Rufe nach Zugabe
und die leidige Flaschenklopferei folgen. Niemand glaubt daran, dass
die Show jetzt zu Ende ist.



Live
Video:
Lee Perry – Purity Rock (von Panic In Babylon)
Nach einer kurzen Pause wird Lee´s Koffer wieder auf die
Bühne gebracht und der Meister selbst folgt im neuen Outfit.
Mit einem großen Spitzhut sieht er aus wie ein Schelm oder
ein Zauberer aus Mittelerde und bekommt geradezu einen
spitzbübischen
Gesichtsausdruck. Das T-Shirt hat er gegen ein Rastafari-Shirt mit dem
Lion of Judah getauscht.







Lange hält er es aber nicht mit der
neuen Kopfbedeckung aus und holt wieder sein Spacecap aus dem Koffer.
Sicherlich war der textile Spitzhut viel zu warm. Die Hitze im Saal ist
wirklich nahezu unerträglich. Irgendwie muss die
Lüftung noch nicht richtig funktionieren. Hände und
Sachen begannen schon frühzeitig zu kleben und
Schweißperlen rinnen an einem herunter, und dies bereits beim
bloßen Zuschauen.
Mit „I Am A Madman“ setzt Lee Perry
schließlich den Schlusspunkt für heute, aber nicht
ohne sich zuvor an der Bühnenkante mit ausgiebigem
Händeschütteln zu verabschieden.



Live
Video:
Lee Perry – I Am A Madman (von Battle Of Armagideon)
Man glaubt es kaum, zirka zwei Stunden mit Lee Perry und den WBR sind
wie im Fluge vergangen. Wer nicht auf die Uhr gesehen hat, wird es kaum
glauben wollen. Eine super Show bei ausverkauftem Hause, bei der zu
keinem Zeitpunkt Langeweile aufgekommen ist.
Und für das YAAM sind seit der Wiedereröffnung die
Karten neu gemischt. Hier wird jetzt ganz eindeutig auf einem
höheren Level gespielt.
Statten wir Lee Perry noch einen Besuch ab. Wie immer haben wir ein
Geschenk für ihn dabei, in Form von Fotos, die wir auf dem
letzten Konzert gemacht haben. Paar Albumcover sind auch noch zu
signieren. Lee ist nun ganz in Rot gekleidet und hat dafür das
passende Jackett aus seinem Koffer geholt. Er hat ein paar Probleme die
Fotos richtig zu erkennen, und ich biete ihm meine Lesebrille an. Er
greift zwar zu, will dann aber wissen, ob die Brille neu und bisher
unbenutzt war. Das kann ich ihm natürlich nicht
bestätigen. Wer trägt schon neue Brillen für
Lee Perry mit sich herum. So möchte er dann lieber doch nicht
eine Brille probieren, durch die schon jemand anderes gesehen hat und
die Bilder verschwinden im heiligen Koffer. Nach ein paar neuen Fotos
nehme ich die signierten Cover, die Lee Perry zur Seite auf seinen
Koffer gelegt hat, wieder an mich. Noel stürzt erschrocken
heran, da er nicht genau sieht was ich tue. „Nicht den Koffer
anfassen!“, ruft er sofort. Das war natürlich auch
nicht geplant. Als persönlicher Kofferwächter
erfüllt er seine Aufgabe peinlichst genau.





Lee Perry
& The White Belly Rats


Als wir nach unserer Verabschiedung wieder im
Außengelände ankommen, ist Lee Perry auf
kürzerem Wege schon dort eingetroffen. Noch einmal ein Anlass
um Kontakt mit seinen Fans aufzunehmen. Die kurze Szene können
wir nicht mehr festhalten, da die Kameraausrüstung inzwischen
im Rucksack verstaut ist und Lee Perry mit seiner Begleitung kurz
danach in der Dunkelheit verschwindet.
Copyright: www.reggaestory.de
Text + Videokamera: Peter Joachim
Fotos: Marion + Peter Joachim
Mein Dank geht an Christoph von Revelation Concerts, das YAAM
Team und
natürlich ganz besonders an Lee „Scratch“
Perry und den White Belly Rats. |
Zurück
|
|
|