ETHIOPIA - THE SOUTH
Ein Reisebericht - Teil 7 06.06.2019 – Von Jinka zu den Mursi und Key
Afer Market (29.09.2011 nach dem äthiopischen Kalender)
Heute
steht einmal kein Sachen packen auf dem Programm, da wir noch eine
weitere Nacht in Jinka bleiben werden. So können wir ohne
zusätzlichen Aufwand den heutigen Plan in Angriff nehmen, dazu
gehört der
Besuch des Mursi Volkes und
die Erkundung des farbenfrohen Wochenmarktes in Key Afer. Dabei werden
wir für den ersten Teil über 140 km abarbeiten.
Die vergangene Nacht haben wir
kaum geschlafen. Auf der einen Seite haben uns die Priester der
äthiopischen orthodoxen Kirche "unterhalten" und auf der
anderen Seite haben sich immer wieder jaulende Hyänen und
brüllende Kühe an den Predigten
beteiligt. An und für sich hören wir ja die
äthiopischen Kirchengesänge sehr gerne, aber wenn
diese von endlosen und lautstarken Vorträgen der Priester
über Lautsprecher unterbrochen werden, ist das nicht so gut
und
unmöglich Schlaf zu finden. Welcher Heilige dafür
verantwortlich war, der in dieser Nacht gefeiert wurde, haben wir nicht
erfahren. Leider zog sich das Ganze fast bis zum Morgen hin.
Dementsprechend sitzen wir wie gerädert am
Frühstückstisch und brauchen etwas Zeit, um in die
Gänge zu kommen.
Für 7:30 Uhr ist unsere Abfahrt eingeplant und wir begeben uns
nun langsam zum Treffpunkt am Eingang der Lodge, wo bald darauf Mastu
und Alex eintreffen. Wenigstens sehen die beiden recht ausgeruht aus.
Ihre Unterkunft war wohl zum Glück ein Stück weiter
weg von den nächtlichen Feierlichkeiten.
Auf der Fahrt zu den Mursi muss uns ein lokaler Guide begleiten, den
Mastu und Alex schon vorher eingesammelt haben. So kann unsere Fahrt
ohne
weitere Umwege beginnen.
Bild 518 - 520: Blick in
den Mago-Nationalpark
Wir fahren über eine Sandpiste in westliche Richtung von Jinka
in den Mago-Nationalpark.
Eigentlich war ja der Park ursprünglich Teil unseres
Reiseverlaufs, aber Mastu erzählt, dass sich die meisten Tiere
verzogen hätten, als man mitten in den Park unter chinesischer
Führung eine Zuckerfabrik
errichtet und Zuckerrohrplantagen von über 250.000 Hektar
angelegt hätte. Wie es im Angesicht des Nationalparkcharakters
des Gebietes dazu kommen konnte, ist jederman
unklar. Der Park wurde erst 1971 gegründet und hat eine
Fläche von zirka 2.162 km². Er liegt auf einer
Höhe zwischen 450 und 2.528 m über dem Meer. Die
höchste Erhebung ist der Mount Mago. Darüber hinaus
wird der Park auch von einem gleichnamigen Fluss durchquert. Normaler
Weise soll es in dem Park ursprünglich Büffel,
Geparden, Elefanten,
Giraffen, Gnus, Leoparden, Löwen, Zebras, Afrikanische
Wildhunde und zahlreiche andere
Säugetiere gegeben haben. Insgesamt hat man über 81
größere Säugetierarten gezählt.
Darüber hinaus kann man wohl bis zu 237 Vogelarten entdecken.
Weiterhin beachtlich sind die vielfältige
Pflanzenwelt, einige heiße Quellen und zahlreiche
beeindruckende Aussichtspunkte des Parks.
Es werden noch heute Tierbeobachtungssafaris in den Mago-Nationalpark
angeboten, was Hoffnung macht, dass noch nicht alle davongelaufen sind.
Hoffen wir auf den Sachverstand der neuen und künftigen
äthiopischen Führungen.
Bild 521 - 524: Geier im Mago-Nationalpark
So bleiben uns nur die paar Tiere, die wir durch Zufall am Rande oder
auf unserer Piste entdecken. Besonders häufig
treffen wir
dabei auf weitläufige Verwandte, die hier in der Gestalt von
Pavianen die Strecke belagern. Nähere Kontakte sollte man aber
besser nicht aufnehmen, denn sie sollen nicht zur freundlichsten Sorte
gehören.
Bild 525 - 527: Durch den Mago-Nationalpark -
Perlhühner + Paviane
Nach zirka einer Stunde Fahrt sitzt eine Menschenansammlung am Rande
der Sandpiste. Hier bekommt unsere Truppe weiteren Zuwachs. Nun sind
wir auch stark bewaffnet, denn ein weiterer Guide mit einer
Maschinenpistole muss auch noch mit. Die äthiopischen
Vorschriftenmacher werden schon wissen warum. Wegen der
"verschwundenen" Tierwelt wird das vermutlich nicht sein. Immerhin ist
Äthiopien bekannt für seine zahlreichen ethnischen
Unruhen. Darüber hinaus haben hier viele Einheimische eine
eigene Waffe.
Bild 528 + 529: Gelbes Blütenmeer am
Kontrollpunkt
Bild 530: 15 Minuten später
Nach unserer Aufrüstung mit dem
Maschinenpistolenführer, dauert es noch zirka 30 Minuten, bis
wir auf ein kleines Lager der Mursi
treffen. Es befindet sich unweit
der Sandpiste und macht auf uns keinen besonders lebensechten
Eindruck. Auf dem "Parkplatz" davor, ist auch schon eine weitere
Besuchergruppe eingetroffen, die sich ebenfalls mit den Mursi befassen
möchte. Das gefällt uns natürlich weniger
und der anderen Truppe bestimmt ebenso wenig.
Bild 531 - 538: Bei den Mursi im
Mago-Nationalpark
Zunächst einmal ist auszuhandeln ob man fotografieren oder
filmen möchte. Unser örtlicher Guide erklärt
die Sachlage. Um in das Lager zu kommen und Fotos machen zu
dürfen, sind pro Person 100 Birr zu bezahlen. Also nicht 100
Birr für ein Foto, sondern je Fotograf. Dann könne
man so viele Fotos machen wie man möchte. Ansonsten sind in
der Region aktuell 5 Birr je Foto üblich. Da ist die zuvor
genannte Pauschale natürlich deutlich besser, auch wegen der
ständigen Fragerei und Kramerei nach dem Geld, die dann nicht
nötig ist. Allerdings hatten wir uns schon in Addis in
Anbetracht dieses Wissens, mit reichlich 5 Birr Scheinen
eingedeckt. Wer noch Videos drehen möchte, muss noch
einmal 200 Birr bezahlen. Das Geld bekommt ein Stammesvertreter, der es
dann irgendwie aufteilt oder für bestimmte Dinge des Stammes
verwendet.
Bild 539 - 548: Bei den Mursi im
Mago-Nationalpark
Allerdings scheinen mit diesen Stammesregeln nicht alle einverstanden
zu sein.
Sobald der örtliche Guide, unsere bewaffnete Begleitung und
die Stammesvertretung, nicht alles im Blick haben, werden gesonderte
Forderungen aufgemacht, die manchmal sehr "eindringlich" zur Sache
gehen. Für ein Foto wird auch oft der Kauf eines Lippentellers
eingefordert. Es fliegt schon manchmal auch der eine oder
andere
Stein oder ein Stück Holz. Soweit wir das feststellen, sind
das wieder einmal nur die Frauen und davon vorwiegend die
älteren. Man sollte sich
also beim
fotografieren der Leute umsichtig wie üblich verhalten, auch
wenn es die Generalerlaubnis der Stammesvertretung gibt.
Bild 549 - 559: Die Mursi mit ihren
Lippentellern
Leider bekommen wir von dem normalen Stammesleben kaum etwas zu sehen.
Es scheint so, als hätte man schon auf uns gewartet und die
große Lippenteller- Verkaufsveranstaltung ist gestartet.
Irgendwie haben wir das Gefühl, als würde dieses
Lager nur zum
Zwecke der Touristenempfänge betrieben. Man sieht eigentlich
nichts, womit sich die Mursi ansonsten beschäftigen oder wovon
sie leben. Nicht einmal die Lippentellerherstellung selbst, zu der ja
viele Arbeitsgänge gehören, kann man vor
Ort nachvollziehen. Das normale Dorfleben findet vermutlich an einer
ganz anderen Stelle statt.
Bild 560 - 569: Bei den Mursi im
Mago-Nationalpark
Das Volk der Mursi, die sich selbst als Mun bezeichnen, wird aktuell
auf etwa 10.000 Angehörige geschätzt und lebt
weitestgehend im westlichen bis nördlichen Bereich des
Mago-Nationalparks. Ihr Stammesgebiet hat sich aber im Laufe der
Jahrhunderte immer wieder etwas verschoben, was zu Konflikten mit ihren
Nachbarn geführt hat. Nach dem Zugang zu modernen Waffen,
wurden diese Konflikte immer gefährlicher.
Die Mursi gliedern sich in fünf Untergruppen, die als Ariboli,
Baruba, Biogolokare, Gongulobibi und Mugjo bezeichnet werden. Diese
wiederum teilen sich in sogenannte Klans auf, die sich nach der
väterlichen Erblinie ausrichten.
Die Mursi könnte man durchaus als Halbnomaden ansehen, da sie
überwiegend von Rinderzucht und Ackerbau leben, dessen
Standort sie nach den Regenzeiten ausrichten. Deshalb haben sie in der
Regel verschiedene Dörfer, die sie je nach Bedarf wechseln.
Wichtigste Anbauprodukte sind Sorghum, Mais, Bohnen und Kichererbsen.
Je nach dem, wie die Regenzeiten liegen und das Wasser der
Flüsse Omo und Mago anschwillt oder zurückgeht,
werden die Anbaufelder in Flussnähe oder weiter entfernt
neu angelegt.
Bild 570 - 578: Bei den Muris im
Mago-Nationalpark
Besonders bekannt sind die Mursi für die sogenannten
Lippenteller ihrer Frauen. Spätestens im Alter von
15 Jahren wird die Unterlippe der jungen Mädchen mit einem
Holz durchstochen, dessen Größe im Laufe der Zeit
immer mehr erweitert wird. Wenn sich das Loch genügend
vergrößert hat, geht man dann auf Tonscheiben
über, die am
Rande eine Nut haben, damit die Scheibe in der Unterlippe Halt findet.
Die
Scheiben werden immer weiter vergrößert, bis
irgendwann ein Durchmesser von mindestens 12 cm erreicht wird.
Während dieser Zeit werden auch die unteren
Schneidezähne entfernt, da diese sonst an die Lippenteller
stoßen. Man sagt, dass die Größe des
Lippentellers auch Einfluss auf den Brautpreis hätte.
Wie es ursprünglich zu dieser Tradition gekommen ist, bleibt
ungewiss. Eine nicht bewiesene Geschichte ist zum Beispiel jene, dass
man die Frauen für Sklavenjäger uninteressant machen
wollte. Andere sehen in den Tellern ein Schutzschild gegen
böse Geister. Warum sollen aber nur Frauen vor bösen
Geistern geschützt werden?
Neben den Lippentellern findet man bei den Mursi auch Verzierungen der
Haut durch künstlich angelegte Narben. Beliebt ist auch
phantasievoller Kopfschmuck, bei dem nahezu jedes Material Verwendung
findet. Bei den Männern trifft man oft zusätzlich auf
die verschiedensten weißen Körperbemalungen.
Besonders stolz sind diese auch auf ihre Waffen, die sich in der Regel
als sowjetische Maschinenpistolen entpuppen, zu der sie schon in der
Zeit des Derg
gekommen sein müssen. Ob diese heute noch funktionieren oder
nur noch als Drohgebärde und Statussymbol verwendet werden,
will vermutlich kein potentieller Konfliktpartner herausfinden.
Allerdings sind diese Maschinenpistolen nicht nur bei den Mursi zu
finden, sondern sind im gesamten Land bei den Stämmen weit
verbreitet.
Bild 579 - 586: Bei den
Mursi im
Mago-Nationalpark
Nachdem wir vermutlich jedes Klanmitglied getroffen und dennoch leider
nicht viel über die Lebensweise der Mursi erfahren haben, geht
es wieder zurück in Richtung Jinka, um dort die Mittagspause
am gewohnten Platze anzusteuern. Mal sehen, ob wir unterwegs noch das
eine oder andere Motiv am Wegesrand entdecken werden.
Bild 587 - 589: Fettblattbaum oder Oscherstrauch / Calotropis
procera
Die Früchte der zur Familie der Hundsgiftgewächse
zählenden Pflanze, werden auch als "Sodomsapfel" bezeichnet.
Dadurch kommt es immer wieder zu Verwechslungen mit einer gleichnamigen
anderen Pflanze.
Bild 590 - 593: Ausblicke über den
Mago-Nationalpark + Bodenstrukturen eines Berges
Bild 594 - 596: Kinder der Mursi am Rande der
Piste, die mit ihrer auffälligen
Körperbemalung kaum zu übersehen sind.
Schließlich kommen wir wieder an der gelben Blumenwiese
an und unsere Bewaffnung verabschiedet sich, um hier auf die
nächsten Reisenden zu warten.
Bild 597 + 598: Mago-Nationalpark - Gelbes
Blütenmeer am Kontrollpunkt
Und weiter geht es in Richtung Jinka und an "unseren" Geiern vorbei,
die sich immer noch in beträchtlicher Anzahl versammeln.
Jetzt sehen wir auch den Grund, nachdem wir einen Blick von
erhöhter Stelle über das Busch- und Grasland
schweifen lassen. Ein Stück von der Piste entfernt, liegt
etwas Großes in den Büschen, und das Umfeld kocht
geradezu von unzähligen Geiern, die immer wieder ihre blutigen
Hälse in die Höhe recken. Genaueres können
wir leider aus der Ferne nicht erkennen und wollen der Sache auch nicht
direkt auf
den Grund gehen. Das ist uns dann doch zu unsicher. Wer weiß,
was sich noch alles im Gestrüpp verbirgt.
Bild 599 - 602: Das Dikdik / Salt's
dik-dik (Madoqua saltiana), eine Zwergantilope
Schließlich treffen wir wieder in Jinka und dem Besha Gojo
Restaurant ein. Mike's Auto steht heute an einem anderen Lokal. Er wird
wohl das Beja Gojo Restaurant erst einmal für ein paar Tage
meiden, bis er sicher ist, uns nicht mehr zu treffen. ;-)
Nach der Mittagspause brechen wir in Richtung Süden nach Key
Afer auf, um dort den Wochenmarkt aufzusuchen. Für die Strecke
sind ungefähr 60 Minuten einzuplanen.
Bild 603 - 605: Stelzenläufer kurz
vor Key Afer
Kurz vor Key Afer sind einige weiß bemalte Kinder mit Stelzen
auf der Straße unterwegs und hoffen so auf den einen oder
anderen Birr von den Vorbeifahrenden. Die Idee scheint ganz erfolgreich
zu sein, und dies nicht nur bei den wenigen Touristen die gerade hier
unterwegs sind.
In Key Afer trifft man vorwiegend auf Angehörige der
Volksgruppe der Banna
(Empfehlung für Informationen zu weiteren Volksgruppen: Atlas of
Humanity). Allerdings ist jeden Donnerstag Wochenmarkt und
somit finden sich auch Vertreter anderer Stämme ein. Das
Gebiet der Banna grenzt unmittelbar an das Gebiet der Hamer. Beide
Volksgruppen sind rein äußerlich schwer zu
unterscheiden. Man nimmt sogar an, dass die Banna vor Jahrhunderten aus
den Hamer hervorgegangen sind. Auf dem heutigen Markt bilden beide
Volksgruppen die Mehrheit. Schauen wir uns im Ort ein wenig um und
beginnen den Marktbesuch mit einem einheimischen Lokal am Rande des
Marktgeländes.
Bild 606 - 609: In einem Lokal der Banna von
Key Afer
Im Marktlokal der Banna wird im wahrsten Sinne des Wortes
mächtig "geeimert". Was das für ein undurchsichtiges
und dickflüssiges Gebräu ist, wissen wir allerdings
nicht. Ist das nun alkoholisch oder nicht? Der Hauptanteil der zirka
45.000 Banna sind immerhin Muslime und da sollte man keinen Alkohol
vermuten. Mehre tausend Stammesangehörige zählen sich
jedoch zu den Christen. Ob man die beiden Glaubensrichtungen optisch
auseinanderhalten kann, bringen wir nicht in Erfahrung. Die Antwort ist
also noch zum Tage offen. Leider können wir auch nicht so
lange
bleiben wie wir möchten, da es wieder einmal die einheimischen
Frauen sind, die etwas dagegen haben.
Das bunte Treiben auf dem Marktgelände und den
Dorfstraßen ist ein optisches Feuerwerk. Man kann sich kaum
lösen und könnte tausend Fragen stellen. Bunt
geschmückte Menschen und zum Teil Waren, die wir noch nie
gesehen haben. Jetzt müsste man deren Sprache sprechen
können. Mastu und der uns verordnete örtliche Guide
sind leider keine große Hilfe. Die Sprache der Banna kann
Mastu natürlich nicht und das Englisch des örtlichen
Guides beschränkt sich auch nur auf wenige
Schlagwörter.
Bild 610 - 618: Key Afer Market
Das Beste an der ganzen Sache ist, dass wir so gut wie gar
nicht auffallen und die einzigen Bleichgesichter und Touris im
Gelände sind. Auch hier gilt natürlich bei Fotos aus
der Nähe, immer vorher fragen. Die einen sind dafür
und die anderen dagegen. Aber bitte das übliche
Fotogeld
von 5 Birr nicht vergessen! Aufnahmen aus der Ferne mit vielen Leuten
sind in der Regel natürlich kein Problem. Das wäre
auch recht schwierig mit der Bezahlung. ;-)
Bild 619 - 625: Key Afer Market
Das Marktgelände ist in drei verschiedene Hauptbereiche
aufgeteilt. Der größte und interessanteste Teil und
der mit den meisten Leuten, ist jener, wo hauptsächlich
Lebens- und Genussmittel gehandelt werden. Im mittleren Bereich werden
Haushaltsgegenstände, Textilien, Schuhe und anderes gehandelt.
Und ganz am Ende gibt es noch einen Teil der sich mit Schmuck,
Schnitzereien und den verschiedensten ethnischen Souveniren
befasst.
Bild 626 - 634: Key Afer Market
Im Bereich der Schnitzereien und des Schmuckes ist es dann vorbei mit
der Nichtbeachtung durch die Einheimischen. Die Händler wissen
ganz genau, dass hier mit Touristen am ehesten ein Geschäft zu
machen ist. Bevor man etwas anfasst und aus der Nähe
betrachtet, sollte man schon fast sicher sein, dass man dieses oder ein
ähnliches Teil erwerben möchte. Ansonsten hat man
für den restlichen Aufenthalt in Key Afer eine
zusätzliche Begleitung an der Backe. Und falls doch
der Verfolger irgendwann aufgibt, hat es längst ein anderer
Händler mitbekommen und übernimmt mit einem
ähnlichen Verkaufsobjekt die Ablösung.
Bild 635 - 643: Der Kunsthandwerkbereich des
Key Afer Markets
In diesem Bereich ist von der Lanzenspitze
über sämtlichen traditionellen Schmuck,
Kopfstützen, Messer, Schellenbänder in allen
Größen und Formen, bunt bestickte Fellkleidung, bis
zum vielfältig verzierten Flaschenkürbis alles zu
haben. Weiterhin natürlich alles was man aus Holz so schnitzen
kann.
Bild 644 - 648: Holzschnitzereien auf dem Key
Afer Market
Eigentlich wollen wir ja gar nichts kaufen aber dann begehen wir den
"Fehler" uns ein paar Büsten von unterschiedlichen Frauen der
Hamer anzusehen, die je nach Status unterschiedlichen Schmuck tragen.
So trägt zum Beispiel die erste Frau andere Reifen um
den Hals als die zweite. Die Büsten wieder abzusetzen geht gar
nicht. Jetzt sind wir im Netz der Händler gefangen. Ans
fotografieren des weiteren Sortiments ist nun nicht mehr zu denken. Ein
Glück, dass wir nun sowieso am Ende unseres
Marktrundganges angekommen sind. Jetzt werden uns zahlreiche
Büsten von unterschiedlichen Händlern hinterher
getragen. Wir haben inzwischen den Marktbereich verlassen aber
der Händler dessen Figuren wir in der Hand hatten, gibt immer
noch nicht auf.
Bild 649 + 650: Banna oder Hamer oder ...?
Auch die Beschäftigung mit anderen Dingen hilft nicht weiter.
Der Händler verfolgt uns bis ins Dorfzentrum, wo wir noch
einen Kaffee trinken möchten. Schließlich zahlt sich
seine Beharrlichkeit doch noch aus und wir sind für
umgerechnet 30 EUR um zwei Hamerfrauen aus anderthalb Kilo Ebenholz
reicher und dürfen unseren Kaffee nun in Ruhe
genießen. Im Nachhinein sind wir aber doch sehr zufrieden den
Handel gemacht zu haben. Die Figuren sind wirklich schön
gemacht und für den Preis absolut kein Fehler. Wir werden
schon noch ein schönes Plätzchen für sie
zuhause finden.
Video: Key Afer Market
Bild 651: Erste (links) und zweite
Hamer-Ehefrau (rechts). Es gibt aber auch noch eine dritte Ehefrau, die
wiederum einen anderen Halsschmuck trägt. Frauen die den
Schmuck der ersten und zweiten Ehefrau zusammen tragen, sind auch
anzutreffen. In diesem Fall ist die Frau eine zweite Ehe eingegangen
und nunmehr die zweite Ehefrau des zweiten Ehemannes geworden. Zweimal
kann man offensichtlich nicht die erste Ehefrau werden. Zumindest haben
wir keine einzige Hamerfrau gesehen, die den Halsschmuck der ersten
Ehefrau doppelt trägt.
Die Messingarmreifen sollten übrigens für maximal 100
Birr das
Stück erhandelt werden.
Nach unserem nunmehr entspannten äthiopischen Kaffee und
ausführlichem Genuss des Dorftreibens auf der angrenzenden
Straße,
geht es wieder zurück nach Jinka.
Bild 652: Landschaft zwischen Key Afer
und Jinka
In Jinka wieder angekommen, ist es noch viel zu früh, um
einfach wieder in die Lodge zu fahren. Also unternehmen wir noch
vorher
einen kleinen Spaziergang im Ort. Danach treffen wir gegen
17:00 Uhr wieder in der Eco-Omo Lodge ein. Da wir die letzte Nacht kaum
geschlafen haben, versuchen wir bis zum Abendessen noch ein wenig an
unseren Matratzen zu horchen, was allerdings dem auf unserem Dach
herumtollenden Getier nicht passt. Also wird es jetzt auch
nichts mit der teilweisen Nachholung der verpassten letzten Nachtruhe.