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JAMAICA EINMAL ANDERS

Teil 12
29.07.2008 – Treasure Beach - Villa Mutamba


Hermans House Im Süden von St. Elizabeth befindet sich der Küstenabschnitt von Treasure Beach. Ein Gebiet, welches noch weitestgehend von Bettenburgen und Touristenrummel verschont geblieben ist. Fort Charles Bay, Billy Bay, Frenchman Bay und Calabash Bay sind räumlich voneinander getrennte Strände mit kleinen Fischerdörfern, werden aber insgesamt als Treasure Beach angesehen.
Unseren heutigen Tag beginnen wir ganz entspannt mit einer deftigen Portion Ackee und ein paar Tassen Blue Mountain Instant Coffee. Jeder Jamaica-Reisende sollte dieses traditionelle Gericht einmal ausprobieren. Ackee ist eine Baumfrucht. Sie ist in etwa birnenförmig, hellrot bis gelborange. Wenn sie reif ist, teilt sie sich in drei große Teile und es kommen drei schwarz glänzende runde Samen zum Vorschein, umgeben von weichem, schwammigem, gelblichweißem Fruchtfleisch. Zur Verarbeitung der Frucht benötigt man etwas Grundwissen. Unreif oder überreif ist sie giftig. Verwendet wird auch nur das den Samen umgebende Fruchtfleisch, der Rest ist sowieso giftig. Geerntet werden die Früchte, wenn sie gerade frisch aufgeplatzt sind und die schwarzen Samen wie Augen aus der Frucht herabschauen. Zubereitet wird die Ackee dann in der Regel mit etwas Salzfisch, Zwiebeln und anderen Zutaten je nach Hausrezept. Ab und zu bekommt man das auch in den Touristenhotels. Die unkundigen Gäste bemerken das aber eher selten, wenn es nicht gerade ausgeschildert ist, und halten es für eine Art Rühreigericht.
Wir haben heute Zeit, wollen eigentlich nur relaxen und ganz gemütlich die Gegend zu Fuß erkunden. Brian betreut uns wieder geflissentlich auf der überdachten Terrasse des Hauses und lässt es uns an nichts fehlen. Auch die freundliche braune Katze des Hauses, lässt sich nicht entgehen, die neuen Gäste am Frühstückstisch zu besuchen und zeigt sich von ihrer besten Seite.

Katze vom Irierest 

Brian interessiert sich für unsere zurückliegenden Tage in Jamaica und es dauert zwangsläufig nicht mehr lange, bis er auch unser Fotoalbum und ein paar mitgebrachte Reggae-Magazine in den Händen hält. Passend zum Thema sagt dann Brian: „Mit etwas Glück könnt ihr hier Mutabaruka besuchen. Sein Haus ist gleich da oben.“, und zeigt den Berg hinauf. „So viel ich weiß ist er aber gerade nicht da. Ihr könnt euch ja trotzdem einmal das Haus ansehen.“, ergänzt er. Das werden wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Zuerst packen wir aber erst einmal unsere Badesachen ein und gehen auf Stranderkundung. Es ist nur ein kurzer Weg durch die Dünen hinunter, und ein kleiner aus zwei Buchten bestehender ruhiger Strand kommt zum Vorschein. Wir sind die einzigen Fremdlinge hier und das ist gut so. Ein paar Fischerboote liegen am Strand und andere schaukeln im flachen Wasser. Etwas entfernt spielt eine Gruppe Kinder Fußball im feinen Sand des Strandes.

Billy Bay Billy Bay

Billy Bay Billy Bay

Billy Bay Billy Bay

Billy Bay Billy Bay

Bild 1 - 8: Eindrücke beim Spaziergang in Westrichtung

Wir erkunden beide Buchten bis an ihr Ende, bis unwegsamere Uferbereiche einerseits, oder eineingezäumtes Grundstück andererseits, unseren Tatendrang bremsen.

Billy Bay

Billy Bay Billy Bay

Bild 1 - 3: Eindrücke beim Spaziergang in Ostrichtung

Also suchen wir uns nun eine Badestelle mit einem schattigen Lagerplätzchen. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Ein Stück felsige Steilküste, die die beiden Buchten voneinander trennt und etwas Schatten wirft, wurde bereits von den Kindern als Lagerplatz auserkoren. Wir nehmen uns daher die einzige Palme des Strandes zum Ziel, die wie ein Wahrzeichen hervorsticht. Da ist nicht viel Schatten und leider zum Teil an unpraktischer Stelle, aber besser als nichts. Die weiter aufsteigende Sonne wird ihn aber sicher noch aus dem Wasser herausholen. Wir gehen aber erst einmal hinein und lassen es uns im sanften Wellengang und karibischen Wassertemperaturen gut gehen. Am frühen Nachmittag dann gehen wir zurück in Richtung Guesthouse, um uns auf einen anderen Spaziergang vorzubereiten. Wir wollen noch zur weiter östlich liegenden Frenchmans Bay, dessen Strand wir von einer viele Jahre zurückliegenden Reise her kennen. Mal sehen, wie es heute dort aussieht. Bevor wir das tun, möchte ich mir aber noch Mutas Haus einmal aus der Nähe ansehen.
Es sind nur wenige hundert Meter bis zum Felsen auf dem das imposante Gebäude thront. Zum Haus hinauf führt eine beeindruckende Treppenanlage, die auch als „Treppe zum Himmel“ bezeichnet wird.  

Villa Mutamba

Bild 1: Villa Mutamba

Man kann das gut verstehen, wenn man dort hinauf steigt, in die Atmosphäre des Hauses eintaucht und letztendlich den Ausblick über die weite Küste genießt. Mutabaruka teilt diese Erfahrung gerne mit Jedem der es möchte. Wie wir später noch erfahren werden, ist dieses Haus auch als Urlaubsdomizil zu mieten, für momentan 700 USD die Woche, egal wie viel Personen darin wohnen. Während ich noch damit beschäftigt bin ein paar Bilder vom Haus zu machen und überlege, ob ich wohl ein paar Schritte hinauf wage, erscheint oben ein Rasta mit Turban und dunkler Sonnenbrille am Geländer und ruft zu mir hinunter: „Was machst du hier?“ Ich versuche mich mit einigen erklärenden Worten. Verdammt, jetzt bekomme ich wohl auch noch Ärger, denke ich mir. Aber die angebliche Bedrohung von oben winkt mich dann freundlich zu sich hinauf. Ich öffne das Tor und steige die „Himmelstreppe“ nach oben. „Ich bin Herman und wie ist dein Name?“, begrüßt mich der Rasta mit seiner undurchdringlichen dunklen Sonnenbrille. Mein ungutes Gefühl ist aber trotzdem schnell verflogen. Herman ist keine Bedrohung für mich und verwickelt mich in ein Gespräch. Als er hört, dass ich aus Deutschland komme, meint er zu mir: „Ich habe eine Frau aus Deutschland.“ Ich will das eigentlich gar nicht so recht ernst nehmen, da man so etwas öfter hört. Jeder hat einen Freund oder einen Verwandten in Deutschland, hat dort schon einmal gelebt oder war dort zu Besuch und so fort, was aber meistens nur so eine Redensart ist, um ins Gespräch zu kommen. Herman bleibt aber tatsächlich ernsthaft dabei und ergänzt: „Sie heißt Gabi.“ Immer noch mit Zweifeln im Kopf frage ich ihn: „Wo ist denn jetzt deine Frau?“, und warte auf irgendeine Geschichte. „Sie ist hier, ja wirklich!“, meint er ruhig. „Wir können zu ihr gehen. Unser Haus ist nicht weit entfernt von hier.“, sagt er einladend. Wir steigen über den angrenzenden Zaun und laufen auf einen Trampelpfad im lockeren Busch über das Felsplateau. Ein paar Ziegen stromern durchs Gelände und suchen nach Fressbarem. Dann bleibt Hermann stehen und ruft laut durch den Busch: „Gabi kann ich zum Haus kommen? Ich habe hier einen Gast mitgebracht.“ Lautes Hundegebell ist erst einmal die Antwort und zwei größere Hunde kommen neugierig durch den Busch angeschossen und beschnüffeln mich. Dann antwortet eine Frauenstimme aus der Ferne: „Es ist dein Haus. Du kannst kommen und gehen wann du willst!“, und wir setzen uns wieder in Bewegung. Dann kommen wir auf eine Lichtung und ein kleines rot-gelb-grünes Rastahaus kommt zum Vorschein. Es ist kaum zu glauben. „Ich bin die Gabi.“, werde ich nun tatsächlich auf Deutsch begrüßt.

Hermans House Herman & Gabi

Bild 1 + 2: Gabi und Herman mit ihrem Haus "On The Rock"


Jetzt gibt es natürlich viel zu erzählen und zu fragen. Herman und Gabi haben sich vor vielen Jahren ineinander verliebt. Anfangs ist Gabi zwischen Deutschland und Jamaica gependelt. Inzwischen hat sie ihr Leben in Deutschland völlig aufgegeben, hat Herman geheiratet und möchte nicht mehr anders leben als jetzt. Beide haben nahezu bei „0“ angefangen. Herman wollte unbedingt aus eigener Kraft mit Gabi gemeinsam ein neues Leben aufbauen. Geschenke wollte er keine haben und Gabi musste ihr Vermögen in Deutschland zurücklassen. Hermans Familie hat ein großes Stück Land an der Küste von Treasure Beach. Die meisten Familienmitglieder haben ihre Häuser in der flachen Küstenregion errichtet. Der darüber liegende Felsen blieb ungenutzt, da es allen zu beschwerlich war, das Baumaterial dort hinauf zu schaffen. Herman und Gabi haben aber ihr Häuschen genau auf diesem Felsen errichtet und sind gegenwärtig dabei noch ein weiteres zu bauen, sofern die kargen Einnahmen es zulassen.

Hermans zweites Haus 

Das zweite Zuhause neben Mutas Haus am Felsen

Sie stellen Schmuck aus diversen einheimischen Samen und Perlen her, züchten Ziegen und betreuen das Haus von Mutabaruka, der ebenfalls den Felsen über der Küste als schönen Bauplatz auserkoren hat. „Villa Mutamba“, wird Mutas Haus hier genannt und ist nur sein Zweitwohnsitz. Ich erzähle Gabi, wie ich Herman getroffen habe und das er anfangs aus der Ferne recht bedrohlich auf mich wirkte. Weiterhin hatte ich vermutet, dass er den Bobos angehöre. „Nein, nein, überhaupt nicht. Sieh dir die Bindetechnik des Turbans an, die ist völlig anders. Herman ist ein freier Rasta.“, erklärt sie mir. „Ich brauche keine Gruppe – wozu? Ich habe Jah und nur das zählt“, sagt Herman. Etwas später verabschiedet sich Herman und lässt uns allein. Er will noch einmal zur Frenchmans Bay nach Touristen sehen und versuchen noch heute etwas traditionellen Schmuck zu verkaufen. „Wir sehen uns dann später dort!“, verspreche ich ihm und Herman nimmt seine Sachen und macht sich auf dem Weg.
„Willst du Mutas Haus einmal ansehen? Ich habe den Schlüssel. Das ist überhaupt kein Problem und stört ihn nicht.“, fragt mich dann Gabi. „Ja klar, sehr gerne! Aber da würde ich erst einmal meine Frau und meine Tochter dazu holen. Die sind im Irie-Rest. Haben wir soviel Zeit?“, frage ich. „Na klar. Hole sie. Ich warte an Mutas Terrasse auf euch.“ Also mache ich mich auf dem Weg, steige wieder über Mutas Zaun und die Himmelstreppe hinunter, um bald darauf mit Marion und Madlen zurückzukehren.
Gabi führt uns durch die Räumlichkeiten der Villa Mutamba, die sich über drei Ebenen erstrecken. Im untersten Bereich ist der Felsen noch sichtbar und in den Raum integriert. Traditionelle Musikinstrumente, Masken und viele andere geschmackvolle Einrichtungsgegenstände vermitteln ein Stück Afrika. Großzügig gestaltete Sitzmöbel aus Bambus füllen den Wohnbereich aus. Eine kleine Bar mit ein paar Gläsern und anderem Geschirr, schließt sich gleich daneben an. „Das Geschirr ist nur auf Wunsch von Mutas Frau hierher gekommen. Muta selbst benutzt nur Gefäße aus Kalebassen!“, erzählt Gabi und holt eine Schale nebst Trinkbecher unter dem Tresen hervor.

Villa Mutamba Villa Mutamba

Villa Mutamba

Villa Mutamba Villa Mutamba

Bild 1 - 5: Inneneinrichtung der Villa Mutamba

Die Möbel der Kochecke, wie Kühlschrank und Herd sind kunstvoll bemalt, und auch sonst gibt es viele interessante Bilder in den Räumen anzusehen. Der Schlafraum ist mit einem großen Himmelbett ausgefüllt. Eine weitere Schlafmöglichkeit befindet sich auf einer Zwischenebene. „Hier kommen wir immer her, wenn die Tornados durch die Karibik ziehen. Herman ist zwar selten von seinem Haus wegzubekommen und packt das jedes Mal ein mit unzähligen Seilen und großen Belastungssteinen, aber manchmal fühlt er sich dann doch hier bedeutend sicherer.“, berichtet Gabi. Das Bad begrüßt uns ganz in Blau mit einer großen Eckbadewanne und farbigen Bleiglasfenstern. Das übrige Mobilar ist ebenfalls passend dazu gestaltet und strahlt eine gemütliche Atmosphäre aus.

Villa Mutamba Villa Mutamba

Villa Mutamba Villa Mutamba

Bild 1 - 4: Inneneinrichtung der Villa Mutamba

Die große Terrasse im obersten Geschoss der Villa, die Ausmaße wie eine Aussichtsplattform hat, wird von Gabi als das Highlight des Hauses angekündigt. Eine angenehme Brise weht uns hier entgegen und man kann den Blick über Billy Bay und dessen Küste schweifen lassen. Auch unser Guesthouse ist von hier aus zu erkennen.

Billy Bay

Billy Bay Billy Bay - Irierest

Bild 1 - 3: Blick vom Balkon der Villa Mutamba
Bild 3: Irierest

Gleich neben der Villa Mutamba können wir auch Hermans neue Hausbaustelle sehen, an der wohl bis zur Fertigstellung nicht mehr allzu viel fehlen dürfte. Zumindest äußerlich ist die fertige rot-gelb-grüne Gebäudehülle bereits ein schöner Blickfang. Ein paar Ziegen fühlen sich auch schon dort zu Hause, die aber sicher nach der Fertigstellung umziehen werden müssen. Auf der Rückseite des Hauses befindet sich auch noch ein gemütlicher Außenbereich mit urtümlich geschnitzten Sitzmöbeln, Hängematten, schönen Pflanzen und anderen zur Gemütlichkeit beitragenden Dingen.
Mehr Informationen zur Villa Mutamba findet man unter www.villamutamba.com.
Wir verlassen Mutas Haus durch den Garten und gehen über das Plateau noch einmal zu Gabis und Hermans Haus. Hier ist natürlich eine völlig andere Welt. Trotzdem kann man sich von der äußerlichen Betrachtung des kleinen Häuschens kaum vorstellen, was darin alles untergebracht ist.

Hermans House Hermans House

Wohin man blickt ist die liebevolle Handschrift der Besitzer zu spüren. Alles ist auf engsten Raum wohl sortiert und geschmackvoll eingerichtet. Alles hat seinen Platz und es scheint an nichts Lebenswichtigen zu fehlen. Von den Wänden grüßen neben Bob Marley auch viele Bilder von Herman. „Eines der Bilder hat man uns schon für viel Geld abkaufen wollen, aber wir haben es nicht hergegeben.“, meint Gabi und betrachtet stolz die gelungenen Bilder von Herman. Ein kleines Foto gibt sie uns aber trotzdem zur Erinnerung und meint: „Ich habe ihn ja eigentlich jeden Tag!“
Mit dem Versprechen am Abend des nächsten Tages noch einmal auf Besuch zu kommen, verabschieden wir uns von Gabi und machen uns auf den Weg in Richtung Frenchmans Bay, bevor es zu spät dafür wird.

Hermans House

Hermans House Herman

Bild 2: Gabi                                                       Bild 3: Herman

Von hier ist es ein Fußweg von ungefähr 20-30 Minuten und der Sonnenuntergang ist nicht mehr fern. Auf halben Weg kommt uns Herman mit dem Fahrrad entgegen und lässt sich nicht nehmen, noch Marion und Madlen am Straßenrand sein Schmuckangebot vorzustellen. Eine schöne traditionelle Kette wird natürlich ausgewählt und der spätere Kauf zugesichert, da wir leider gerade kein Geld einstecken haben. Ich sage ihm, dass ich morgen nach unserem Tagesausflug noch einmal bei ihm vorbeikommen und auch noch ein paar Fotos machen möchte. Ich bin mir nicht sicher, ob mir Herman glaubt, zumindest schaut er nicht so sehr überzeugt nach meinem Vorschlag. Aber wir müssen nun weiter, Herman in die eine und wir in die andere Richtung, bevor es dunkel wird.
Als wir am Strand eintreffen sind wir entsetzt. Keine Spur mehr vom romantischen Flair, wie wir ihn kennen. Nix mehr da vom schönen ruhigen, breiten Strand und dem angrenzenden Grün. Die Natur hat gegenüber dem Menschen den Kürzeren gezogen. Die Bebauung reicht jetzt nahezu bis an das Wasser heran. Nur an ganz wenigen markanten Stellen können wir den Ort noch wieder erkennen. Bedrückt und fassungslos hänge ich meinen Erinnerungen nach und hoffe, dass dieses Schicksal anderen noch schönen Strandabschnitten erspart bleibt. Ich weigere mich förmlich diese Bausünde und Naturverschandelung im Bild festzuhalten und verbanne dummer Weise diese Bereiche aus meinen Bildern, so dass ich sie später nicht einmal zeigen kann. So machen wir uns bereits mit dem beginnenden Sonnenuntergang wieder auf den Rückweg.

Frenchmans Bay Frenchmans Bay

Frenchmans Bay Frenchmans Bay

Bild 1 - 4: Frenchmans Bay 2008

Und hier noch ein paar Bilder aus besseren Zeiten, wie es im Jahr 1999 ausgesehen hat!

Frenchmans Bay

Frenchmans Bay Frenchmans Bay

Frenchmans Bay

Bild 1 - 4: Frenchmans Bay 1999 noch nahezu naturbelassen

Nicht lange nach unserer Heimkehr, als es bereits finster geworden ist, werde ich nach draußen gerufen. Herman ist da. Jetzt bringt er doch tatsächlich extra die zuvor ausgesuchte Kette bis zu uns ins Guesthouse. Ich bitte ihn herein, da wir es drinnen bedeutend gemütlicher und mehr Licht haben, aber Herman ist nicht zu überzeugen. Er will das Grundstück durchaus nicht betreten. Erst später erfahren wir von Gabi, dass Herman und der Herr des Hauses Cousins sind und durch unterschiedliche Lebens- und Verhaltensansichten einige unüberbrückbare Gräben aufgeworfen haben. So richten wir uns eben unter einer nahe liegenden Straßenlampe häuslich ein und plaudern noch ein wenig. Herman blättert interessiert in meinem Fotoalbum und findet viele seiner Idole, die er vorher noch nie gesehen hatte.
Ich lasse ihn aussuchen, was er haben möchte. Seine erste Wahl fällt auf Joseph Hill und Lucky Dube. Er ist immer wieder überrascht, wenn er endlich verschiedenen bekannten Namen ein Bild zuordnen kann. Herman hat sichtlich Probleme beim Betrachten der Bilder, weigert sich aber laut Gabi strikt dagegen, eine Lesebrille anzuschaffen. Mal sehen, vielleicht lässt sich Herman später doch noch einmal davon überzeugen. Immerhin gibt es genügend Rastas, die ebenfalls auf die Hilfe von Brillen zurückgreifen, er hat es nur noch nicht gesehen. Da kann ich sicher noch Abhilfe schaffen. Herman macht sich aber jetzt erst einmal wieder auf den Heimweg mit den ausgesuchten Bildern. Es ist ganz einfach zu dunkel, um weitere Bilder anzusehen, selbst wenn man besser sehen kann. „Bis morgen dann!“, verabschiede ich ihn und Herman entschwindet langsam meinen Blicken in der Finsternis.
Als Aufreger des Abends kommt dann Brian noch mit einer Neuigkeit. Lennie, der Herr des Hauses hat einen neuen Preis für unseren morgigen Tagesausflug festgelegt. Wir hatten eigentlich 100 USD vereinbart, was in etwa in Einklang mit den Konditionen seiner Website steht. Auch unter Berücksichtigung einer etwas anderen Zusammenstellung der Zielorte, die sich aber von der Entfernung her nicht unterscheiden. Jetzt soll es doch tatsächlich 160 US kosten. Ich bin nicht einverstanden und zeige Brian und Pauline die schriftliche Vereinbarung mit Lennie. Ich will mit Lennie selber sprechen. „Der ist gerade in den USA. Morgen frühe können wir erst anrufen.“, meint Brian. „Wir können daran selber nichts ändern. Wir müssen machen was Lennie vorgibt.“, ergänzt Brian etwas bedrückt wegen der getrübten Atmosphäre. Das mag ja alles sein, aber geheilt von früheren Problemen dieser Art, sage ich den Ausflug erst einmal ab. „Wir suchen uns morgen früh ein anderes Auto, wenn sich daran nichts ändert.“, sage ich bestimmt und beende das Thema.
Brian tut mir ein wenig leid, da er sich schon selbst auf den Ausflug gefreut hatte, aber wir können nicht ständig „mehr und noch mehr“ berappen. Wir werden sehen, was der morgige Tag bringt.
Dann treffen in der Finsternis noch 5 abgekämpfte Rucksacktouristen aus Österreich ein, die sich ebenfalls das Irierest zur Unterkunft auserkoren haben und unsere nachfolgende Abendbrottafel wird heute länger und unterhaltsamer als sonst.

Copyright:
Text und Fotos by Reggaestory

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