Ein Reisebericht - Teil 13
27.09.2015 – Addis Ababa - Meskel-Fest (16.01.2008 nach dem äthiopischen Kalender)
Den
heutigen Tag haben wir überwiegend für das
Meskel-Fest reserviert. Unseren Reiseverlauf hatten wir extra so
geplant, um an diesem Tag wieder in Addis Ababa zu sein. Wer eine
Äthiopienreise unternimmt, sollte stets versuchen eines der
farbenfrohen Feste des Landes mit einzubauen. 2013 hatten wir schon vom
Hidar Zion, dem höchsten aller Marienfeste berichtet, und
dieses Jahr ist das Meskel-Fest an der Reihe.
Doch bevor es sich lohnt auf
dem Meskel
Square Position zu beziehen, wollen wir sehen, ob in
verschiedenen
Kirchen auch schon Musik und Gesänge vor den offiziellen
Festbeginn im Gange sind. Wir starten 9:00 Uhr und versuchen unser
Glück zunächst in der St. Georgs- Kathedrale, in der
am
02.11.1930 die Krönung von Haile Selassie I. erfolgte.
Wir hatten bereits hier
ausführlich in Text, Bild und Ton über diese Kirche
berichtet. Es lohnt sich ein Blick zurückzuwerfen, wer den
Bericht noch nicht kennt.
Wir haben leider kein Glück. Henoks Hoffnungen
erfüllen sich nicht. Dieses Jahr ist es offenbar nicht der
Fall,
dass man schon vor den Festumzügen Musik und
Priestertänze in der Kirche hören und sehen
kann.
Bild
1.602 + 1.603:
An der St. George Cathedral
Bild 1.603:
Verkauf von Meskel Flowers und Gras
Neben
den im September blühenden gelben Meskel Blumen (Yadey Ababa),
die wesentliches Schmuckelement des jährlichen Meskel-Festes
sind, wird zu jeder Zeit auch Gras verkauft. Das Gras steht in
Äthiopien für Frische, Entwicklung, Wachstum und
Begrüßung und begleitet jede Kaffeezeremonie. Man
sieht es vielerorts auf dem Boden ausgebreitet, und eben besonders in
Kaffees. Die Art des Grases ist in der Regel nicht von Bedeutung, nur
am heiligen Samstag muss es unbedingt eine bestimmte Sorte sein, die
man
in Äthiopien "Poor Man´s Cucumber" (Gurke des armen
Mannes) nennt.
Versuchen
wir unser Glück an einer anderen Kirche. Daran mangelt es in
Addis Ababa nicht und jede ist anders interessant. Wir hatten schon im
Vorfeld unserer Reise eine Liste erarbeitet, welche Kirchen vielleicht
einen Blick wert wären. Die endgültige Auswahl muss
natürlich Henok treffen, der das nötige
Hintergrundwissen hat. Also stürzen wir uns wieder in den
Verkehr von Addis.
Bild 1.604: Bob Marley meets Kaiser
Tewedoros und die Äthiopische Orthodoxe Kirche - Viele Autos
haben derartige Aufkleber
Als nächstes trifft es die Bisrate Gebriel Church, aber dort
tritt
wieder einmal der seltene Fall ein, dass wir keine Foto- und
Videogenehmigung bekommen. Video verstehen wir ja noch, aber ohne Foto?
Da schauen wir uns lieber eine andere Kirche an. Dennoch zeigen wir
kurz die Lage und das Eingangsportal, damit wir die Kirche mit dieser
Begebenheit nicht ganz vergessen.
Bild 1.605:
Auszug Google Maps - Bisrate Gebreal Church - Bitte Karte anklicken zur
weiteren Lageerkundung in Addis Ababa
Bild 1.606: Bisrate Gebreal Church auch
Bisrate Gebriel Church
Bild 1.607: Vor der Kirche - Meskel
Flowers werden heute überall transportiert und gehandelt
Also ziehen wir weiter und nutzen unsere Zeit lieber für eine
andere Kirche. Jetzt soll es die Keranyo Medhanealem (auch Keranyo
Medhanealem Betekristian oder Kernaniyo Medhanealem) sein, die von hier
zirka 3-4 Kilometer in nordwestlicher Richtung unseres jetzigen
Standortes liegt. Es fährt sich heute ganz gut und wir sind
schon
zirka 10 Minuten später dort.
Bild 1.608: Auszug Google Maps - Keranyo
Medhanealem Church - Bitte Karte anklicken zur
weiteren Lageerkundung in Addis Ababa
Bild 1.609 - 1.1612: Vor dem Torbogen zur Keranyo
Medhanealem Church Bild 1.612: Kerzen für
Gottesdienste und Kirchenfeste
Auch der Kerzenverkauf hat heute besondere Konjunktur. Bei
Kirchenfesten erstrahlt die Dunkelheit in einem Lichtermeer aus Kerzen
und anderen Lichtquellen. Wir werden das sicher heute Abend wieder
erleben.
Bild 1.613: Keranyo Medhanealem Church -
Addis Ababa
Bevor wir uns auf den Rundgang begeben, macht sich Henok auf die Suche
nach dem Chef des Hauses, um unsere Aufnahmen legalisieren zu
können. Derweil freuen sich so einige Äthiopier
über die seltenen Touris an diesem Ort und möchten
fotografiert werden. Hin und wieder kommt die Frage eben auch von der
anderen Seite.
Bild 1.614 + 1.615: Der Mann scheint besonders
stolz auf seine ganz spezielle Sonnenbrille zu sein. Die hat aber nix
mit der Kirche zu tun, sondern sieht eher nach Bamm-Bamm
Geröllheimer aus, der auf einem Dino reitet (The Flintstones /
Familie Feuerstein).
Bild 1.616: Büro der Keranyo
Medhanealem Church
Inzwischen
hat Henok den Abba gefunden, wie man hier den "Vater" des Hauses nennt.
Dieser hat unserem Besuch zugestimmt und seinem Büro die
Höhe der Spende genannt, was unser Wunsch kostet.
Dafür gibt´s natürlich wieder ganz
ordentlich eine schriftliche Genehmigung. Es ist immer besser, man hat
diesen Zettel einstecken, denn es kann immer wieder Leute geben, die
sich sonst querstellen und unnötige Probleme bereiten.
Musik und Priestertänze gibt es aber leider auch hier nicht.
Davon werden wir zwar heute noch genug sehen, aber im kirchlichen
Umfeld ist das natürlich viel authentischer.
Darüber hinaus bleibt das Innere der
Kirche für uns nicht erreichbar, da lässt
sich der Abba nicht überzeugen. Mal sehen was die Zukunft
bringt, vielleicht hat ja einer unserer Nachfolger mehr Glück.
Bild 1.617: Jetzt sind wir legalisiert
Dennoch klingen aus einem Nebengebäude Gesänge und
der bekannte Ton der Kirchentrommel. Dem gehen wir natürlich
zuerst nach und entdecken eine Gesangsschule der Kirche, bestehend aus
Mädchen und Jungen. Die Mädchen in weiße
Tücher gehüllt in einem Block und die Jungs in einem
anderem, ... aber immerhin zusammen in einem Raum. Die Mädchen
haben in der Gruppe die deutliche Mehrheit. Gern lässt man uns
zusehen, so lange wir möchten.
Bild 1.618 -
1.624:
Keranyo Medhanealem Church
Wie man auf dem Satellitenbild 1.608 schon erkennt, reihen sich um die
Kirche eine Anzahl von Zweckbauten, die auch mit Grabmälern
verschiedener Persönlichkeiten durchsetzt sind. Diese
besonderen Plätze stehen natürlich nicht für
jederman zur Verfügung.
Bild 1.625: Keranyo Medhanealem Church -
Grabmäler + Kapelle
Bild 1.626 + 1.627: Kirchenbesucherinnen und
Dachkreuz der Keranyo Medhanealem Church
Bild 1.628: Eine runde Kirche hat viele
Seiten ;-)
Bild 1.629 + 1.630: Keranyo Medhanealem Bild 1.630: Die Übersetzung der
Inschrift ist etwas verwirrend, auch bezüglich der
Jahreszahlen. Es sei denn, die Inschrift bezieht sich nur auf eine
Sanierung und nicht auf die Errichtung wie angegeben. Dies soll um 1950
durch Haile Selassie I. passiert sein. Die Geschichte zur Kirche gib
jedenfalls an, dass an diesem Platze bereits im Jahr 1823 eine Kirche
errichtet wurde. Dies geschah auf Veranlassung des Großvaters
von Menelik II., König Sahle Selassie von Shoa (auch Shewa).
Die heutige Kirche wurde von Menelik II. im Jahr 1908 errichtet. Die
Keranyo Medhanealem soll der Geschichte nach, somit die
älteste Kirche von Addis Ababa sein.
Bild 1.631: Jetzt ist die Umrundung
vollzogen ... ;-)
Bild 1.632 + 1.633: ... und der nächste
Kirchenbesucher besteht auf ein paar Fotos.
Bild 1.634 + 1.635: Der alte "Glockenturm" und der
neue Glockenturm. Bei den
meisten alten traditionellen äthiopischen Kirchen
hängt die Glocke nur in einem Baum oder an einem simplen
Holzgerüst. Die separaten Glockentürme sind offenbar
erst später in Mode gekommen.
Und da wir alles untersuchen was geht, ist der Turm zum Abschluss auch
noch an der Reihe. Danach verlassen wir das älteste
Kirchengrundstück von Addis Ababa und es geht weiter
zum nächsten Besichtigungspunkt.
Bild 1.639 + 1.640: Eingangstor zum
Grundstück der Keranyo Medhanealem Church
Wer noch die Gesangsschule hören und sehen und den
Rundgang in bewegten Bildern erleben möchte, für den
gibt es noch ein
Video zum Abschluss.
Video:
Keranyo Medhanealem Church
Bild 1.641: Kirchenkerzen und Meskelblumen
vor dem Kirchengrundstück
Bild 1.642: Meskel Flowers
Neben den traditionellen Kirchen der Ethiopian Orthodox Tewahedo Church
sind natürlich auch alle anderen Kirchen und auch
Moscheen in
Addis Ababa oder in Äthiopien vertreten. Wir haben
während
dieser Reise ja auch schon einige andere Gotteshäuser
vorgestellt.
Zum Abschluss unserer heutigen Kirchentour, bevor wir uns dem
farbenfrohen
Meskel-Fest widmen, schauen wir uns noch die größte
katholische Kirche von Addis Ababa an, an der wir natürlich
nicht
vorbeifahren können, wenn wir schon einmal hier sind.
Die Kirche trägt den Namen Holy Saviour Church (Heilige
Erlöserkirche) und befindet sich nur zirka 1.000 Meter
westlich des Meskel Squares, an der Gambia Street.
Die katholische Gemeinde ist international geprägt, und
deshalb
findet jeden Sonntag eine Messe auf Englisch, Amharisch und Italienisch
statt. Zur katholischen Gemeinde zählen zirka 6.800
äthiopische und 2.100
internationale Katholiken.
Bild 1.643: Auszug Gooogle Maps - Holy
Saviour Church - Bitte Karte anklicken zur
weiteren Lageerkundung in Addis Ababa
Bild 1.644 - 1.646: Die katholische Holy Saviour
Church von Addis Ababa
Angaben zur Geschichte dieses italienischen Kirchenbauwerks haben wir
nicht, aber da sich die
katholische Kirche erst ab 1930 in Äthiopien etabliert hat,
kann die Kirche auch erst danach errichtet worden sein. Da heute
Sonntag ist, und wir zur rechten Zeit an Ort und Stelle sind,
können wir auch gleich noch einen Eindruck vom Gottesdienst
mitnehmen.
Bild 1.647 - 1.649: Die katholische Holy Saviour
Church von Addis Ababa
Damit ist der Vormittag des heutigen Tages abgearbeitet und es wird
Zeit in einem Kaffee eine Erfrischungspause einzulegen. Danach geht es
zu Fuß in Richtung Meskel Square der weitläufig vom
Militär abgesperrt ist. Dort werden wir bis in die Nacht
hinein dem Meskel-Fest beiwohnen.
Bild 1.650: Auszug Gooogle Maps - Meskel
Square - Bitte Karte anklicken zur
weiteren Lageerkundung in Addis Ababa
Gegen 13:00 Uhr erreichen wir den Sicherheitsbereich und
müssen uns mit den regungslosen Gesichtern der
Militärkontrollen auseinandersetzen. Wir haben ja schon
mehrfach diesen Typ Mensch kennengelernt, der keinen Widerspruch duldet
und Antworten nur durch Gesten erteilt. Aber das macht nichts, denn
immerhin ist die Sicherheit auch in unserem Interesse. Also
heißt es jetzt erst einmal alles auspacken, was wir so bei
uns haben. Fotoapparate und Videokamera müssen
vorgeführt werden, ob sie auch wirklich funktionieren und
nicht anderen versteckten Zwecken dienen. Bei uns ist
natürlich alles in Ordnung und die Prozedur wird schadlos
überstanden. Abgesehen von dem Stress, so schnell wie
möglich unser Sammelsurium vom Tisch zu räumen und
wieder einzusortieren. Wir sind ja nicht allein hier und werden nach
vollzogener Kontrolle energisch zur
Eile angetrieben. Schon deshalb sollte man so zeitig wie
möglich hier erscheinen, denn jetzt ist der Andrang noch
gering.
Bild 1.651 + 1.652: Ja und so sieht der Pass aus,
der uns den Zugang in den Sicherheitsbereich der Tribünen mit
den Ehrengästen ermöglicht. Alles hochoffiziell vom
Büro seiner Heiligkeit und jederzeit genau nachvollziehbar.
Der für uns vorgesehene Zuschauerpavillon ist noch so gut wie
leer. Auch auf den festen Rängen des Meskel Squares, die uns
gegenüber liegen, ist noch ausreichend Platz. Das
Gelände füllt sich erst langsam. Die Szenerie
begleiten erste Priestergesänge und -tänze in der
Mitte des Platzes, auf dem das riesige "Lagerfeuer" am Abend brennen
wird. Der vorbereitete schlanke Haufen ist zirka 10 m hoch und sieht
fast aus wie ein Weihnachtsbaum.
Bild 1.653 - 1.662: Meskel-Fest auf dem Meskel
Square in Addis Ababa
Unser Pass (Bild 1.651+52) der EOTC, der gut sichtbar getragen werden
muss, gibt folgende Informationen zum heutige Festival preis:
"Das Fest des Heiligen Kreuzes wird jedes Jahr am 26. und 27. September
zu Ehren der Entdeckung des wahren Kreuzes Christi gefeiert. Das Fest
wird seit mehr als eineinhalb Jahrtausenden von den Gläubigen,
Geistlichen und Führern der orthodoxen Tewahedo-Kirche in
Äthiopien konsequent und farbenfroh gefeiert. Jedes Jahr
besuchen unzählige Touristen und Gelehrte das Fest aus allen
Teilen der Welt. Auf der Grundlage seiner spirituellen und
religiösen Tradition wurden zahlreiche soziale, kulturelle und
künstlerische Werte entwickelt. Das Fest hat zum friedlichen
Zusammenleben, zur Liebe, zur Einheit und zur Entwicklung unserer
Gesellschaft beigetragen. Das Fest von Meskel wurde von der UNESCO in
die Liste des immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.
Möge die Liebe des Kreuzes mit uns allen sein."
Bild 1.663 - 1.667: Eine kleine Verschnaufpause
der ersten Darsteller
Die vielen interessanten Gesichter und unterschiedlichsten
prächtigen Anzugsordnungen, Kreuze, Prozessionsschirme, Bibeln
und vieles mehr, sind eine Augenweide. Das wird heute wieder einmal
eine
richtige Foto-Orgie werden. Und dabei hat das Festival noch nicht
einmal angefangen. Zum Glück braucht man heute keine
Filmrollen mehr wie früher.
Bild 1.668 - 1.676: Motive ohne Ende
Meskel bedeutet Kreuz, in der alten Sprache Ge'ez. Diese
altäthiopische Sprache wurde bis ins 19. Jahrhundert in
Eritrea und Äthiopien gesprochen. Im Laufe der Zeit ist sie
aber nahezu ausgestorben und wird heute nur noch in der Kirche von den
Priestern verwendet. Wer in den alten Schriften schmökern
möchte und nur Amharisch kann, wird also nicht weit kommen.
Diese alten Schriften besagen, dass Saint Helena (Heilige Helena)
diejenige war, die das wahre Kreuz der
Kreuzigung Christi gefunden haben soll. Weiterhin ist darin zu
lesen, dass Königin Helena in einem Traum
aufgefordert wurde, ein Lagerfeuer zu machen, dessen Rauch ihr zeigen
würde, wo das wahre Kreuz begraben wurde. Nach dieser
Offenbarung bat sie das Volk in Jerusalem, ein
großes Lagerfeuer zu machen, was sie
letztendlich an den genauen Ort des Kreuzes führte. Diese
Geschichte ist die Grundlage für das Lagerfeuer (auch Demera)
des Meskel-Festes, welches seit vielen Jahrhunderten in
Äthiopien entzündet und von einem großen
Fest begleitet wird. Die Heilige
Helena war übrigens die Mutter des
römischen
Kaisers Konstantin des Großen.
Bild 1.677 - 1.680: Das Thema Sicherheit wird ganz
groß geschrieben
Nach und nach wird das Publikum auf den Rängen immer dichter
und
die Militär- und Polizeipräsenz ebenso. Noch ist die
Tribüne der heiligen und politischen
Staatsführung, nur
von einem Wachposten mit Maschinenpistole besetzt. Das gesamte
Festivalgelände wurde in zahlreiche Zonen aufgeteilt, die an
den
Grenzen mit endlosen Ketten von Wachposten bestückt sind. Da
wird
ein Standortwechsel immer schwieriger. Noch gelingt es aber relativ
problemlos mit unserem Pass, der sich kaum von den anderen mit mehr
Zugangsberechtigungen unterscheidet. Da muss man schon etwas Zuversicht
und Selbstverständlichkeit ausstrahlen, sonst wird das nichts.
;-)
Die meisten der vorangegangenen Fotos wären sonst nicht im
Kasten.
In die Mitte des Platzes, und schon gar nicht vor die Tribüne
der
Polit- und Kirchenprominenz, gelangt man nämlich normaler
Weise
nicht als Tourist.
Bild 1.681 + 1.682:
Kirchenprominez auf einer Nebentribüne
Während auf der Haupttribüne noch gähnende
Leere herrscht, haben sich die untergeordneten
Kirchenführer auf den Nebentribünen schon platziert.
Auch wir machen erst einmal eine Pause von unseren Erkundungen und
besuchen eine Weile unsere Plätze. Das hätten wir
nicht tun sollen. Die äthiopische Nachrichtenagentur ENA
(Ethiopian News Agency) ist gerade auf der Jagd nach Touristen, die
augenscheinlich keine Äthiopier sind. Davon gibt es gerade
nicht
so viele und so bin ich leider dran. Da helfen keine Ausreden. Ein paar
positive Worte über unsere Eindrücke zum Meskel-Fest
sind natürlich unschwer zu finden. Allerdings hat es ja noch
gar nicht richtig angefangen.
Die äthiopische Nachrichtenagentur ENA wurde 1942
gegründet und ist damit die älteste nationale
Nachrichtenagentur in ganz Afrika.
Bild 1.683 - 1.685: Die ENA hat ein Opfer gefunden
;-)
Bild 1.686 + 1.689: Mitglied der Ethiopian
Patriots Association (E.P.A.)
Bild 1.690 + 1.691: Tolle Frisuren, wie bei jedem
anderen traditionellen äthiopischen Fest
Bild 1.692 + 1.693: Die ersten
Umzugsbilder nehmen
langsam Aufstellung
Lange können sich die Stühle nicht an unseren Hintern
erfreuen, denn plötzlich heißt es: "The pope is
coming!", und alle Kameraleute die dürfen, strömen
zur Haupttribüne. Im allgemeinen Aufruhr schlüpft
schon mal der eine oder andere Touri mit durch. ;-)
Zahlreiche Limousinen mit den höchsten kirchlichen
Würdenträgern fahren vor. Fast hätten wir
seiner Heiligkeit, dem Abuna oder Abune Mathias und Oberhaupt der
Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo-Kirche, aus
dem Wagen helfen können. An der mit einem roten
Teppich belegten Treppe zur Tribüne wird es spannend. Bei
allen Sicherheitsvorkehrungen hat man nämlich vergessen den
Teppich an der Treppe zu befestigen. Bei dem heiligen
Fußgetrappel aller Würdenträger lockert
sich der Teppich zusehends und bildet immer größer
werdende Schlaufen. Fast hätte jemand den Teppich
geküsst und gesegnet, aber es geht Gott sei Dank noch einmal
gut.
Bild 1.694 - 1.703: Zahlreiche hochrangige
Würdenträger finden sich auf der Tribüne ein
Von diesen hochinteressanten Persönlichkeiten, wo jede eine
andere Ausstrahlung hat und den verschiedensten wertvollen
Kirchenschmuck trägt, kennen wir leider so gut wie keine.
Lediglich die obere Führungsspitze der Ethiopian
Orthodox Tewahedo Church und der Coptic Orthodox Church,
dessen Pope im ägyptischen Alexandria residiert, sind uns
bekannt. Das sind Abune
Mathias von Äthiopien und Tawadros
II. von Alexandria. Beide tragen in ihren Kirchen jeweils den
Titel
eines Papstes. Die vollständige Bezeichnung der ehrenwerten
Päpste mit all ihren Namen und zahlreichen Titeln ersparen wir
uns an dieser Stelle. Dies kann jeder unter den angegebenen Links
selbst nachlesen.
Bild 1.704 - 1.713: Abune Mathias und Pope
Tawadros II. zusammen beim Meskel-Fest
Und das ist die Besonderheit des diesjährigen Festivals. Zum
ersten Mal ist der Papst der Koptischen Kirche, Tawadros II. von
Alexandria, beim Meskel-Fest in Äthiopien zu Gast. Da haben
wir unbeschreibliches Glück, gleich zwei
Päpste auf einmal in ihrem prachtvollen Ornat und aus
nächster Nähe zu sehen. Nur die Plastikflaschen und
der ruppige Hintergrund stören ein wenig das Bild. ;-)
Dereinst gehörten beide Kirchen (und andere) zusammen und
hatten nur einen Papst. Aufgrund der Auseinandersetzungen um das Konzil
von Chalcedon im Jahr 451, erfolgte die Spaltung der
nicht-chalcedonischen oder altorientalischen Kirchen (u. a. Syrer,
Armenier,
Kopten,
Äthiopier)
und der chalcedonischen Kirchen (orthodoxe Kirchen, katholische Kirche)
über die Frage der Zweinaturenlehre. Lange Zeit war jedoch die
äthiopische Kirche noch Teil der koptischen Kirche
Ägyptens, bis sie 1950 durch den koptischen Papst Yusab II.
von Alexandria in die kirchenrechtliche Unabhängigkeit
entlassen wurde. Seit 1959 hat die EOTC ihren eigenen Pabst und Abune
Mathias ist inzwischen seit 2013 der fünfte Nachfolger des
ersten Abune Basilios. In die komplizierte Kirchengeschichte wollen wir
uns aber jetzt nicht weiter vertiefen.
Hierfür gibt es für den interessierten Leser
zahlreiche
Quellen, die wir auszugsweise weiter oben als Link angeboten haben.
Aber gehen wir noch ein Stück weiter, wenn wir schon einmal
bis hierher vorgedrungen sind und besuchen die letzten
ehrwürdigen Veteranen der Ethiopian Patriots Association, die
leider aus natürlichen Gründen von Jahr zu Jahr
weniger werden. Schon aus diesem Grunde versuchen wir jedem Einzelnen
und jeder Einzelnen Respekt zu zollen und alle hier zu verewigen.
Bild 1.714 - 1.723: Veteranen der Ethiopian
Patriots Association
Die Ethiopian Patriots Asssociation geht auf den Widerstandskampf der
äthiopischen Patrioten (Arbegnoch)
in den Jahren 1936 bis 1941 zurück. Zu Beginn des zweiten
Weltkrieges konnte mit britischer Unterstützung die
äthiopische Souveränität wiederhergestellt
werden, die Mussolini im zweiten Italienisch-Äthiopischen
Krieg im Jahr 1936 vorübergehend beenden konnte. Am 5. Mai
1941 (Miaza 27 nach dem äthiopischen Kalender) marschierte
Kaiser Haile Selassie I. mit seinen Truppen in Addis Ababa ein und
gewann die Unabhängigkeit Äthiopiens zurück.
In einer Rede an das Volk sagte er: "Today is the day on which we
defeated our enemy. Therefore, when we say let us rejoice with our
hearts, let not our rejoicing be in any other way but in the spirit of
Christ. Do not return evil for evil. Do not indulge in the atrocities
which the enemy has been practising in his usual way, even to the last.
Take care not to spoil the good name of Ethiopia by acts which are
worthy of the enemy. We shall see that our enemies are disarmed and
sent out the same way they came. As Saint George who killed the dragon
is the Patron Saint of our army as well as of our allies, let us unite
with our allies in everlasting friendship and amity in order to be able
to stand against the godless and cruel dragon which has newly risen and
which is oppressing mankind."
Seitdem wird dieser Tag als Nationalfeiertag Äthiopiens unter
dem Namen "Ethiopian Patriots Victory Day" jedes Jahr gebührend begangen.
Bild 1.724 - 1.732: The Ethiopian Patriots
Association
Da weht uns ein Stück der ruhmreichen äthiopischen
Geschichte entgegen und durch die Reihen der Helden im Kampf
Äthiopiens gegen die italienischen Invasoren. Beim Anblick all
der Orden und Ehrenzeichen schlagen sicher auch die
Sammlerherzen ein Stück höher.
Plötzlich kommt Bewegung in die Veteranen und sie erheben
sich. Soeben ist die äthiopische Staatsführung
eingetroffen. Wir sollten langsam wieder zurück, denn die
Eröffnung des Festivals steht nun unmittelbar bevor.
Aber das "Zurück" ist schwieriger als gedacht. Irgendwie bin
ich auf dem Rückweg in einen anderen Sicherheitssektor geraten
und muss mir alle Mühe geben zu erklären, wo ich
herkomme. Ein erneuter Sicherheitscheck und eine persönliche
Begleitung verhelfen mir über die "Grenze" und durch die
Reihen der versteinerten Gesichter der Militärposten.
Bild 1.733 - 1.735: Meskel Square - Die
Eröffnung des Festivals steht unmittelbar bevor
Neben Abune Mathias hat inzwischen Äthiopiens
Staatspräsident Mulatu Teschome (07.10.2013-25.10.2018) den
nächsten Thron besetzt. Daneben wiederum seine Frau Meaza
Abraham und
nachfolgend weitere Politiker des Landes. Ehrengast ist auch der
US-Botschafter und weitere internationale Persönlichkeiten.
Einige Minuten später ist es dann soweit und das Festival wird
mit verschiedenen Ansprachen eröffnet.
Bild 1.736 - 1.739: Präsident Mulatu
Teshome Wirtu mit Ehefrau Meaza Abraham
Bild 1.740: Abune Mathias hält
seine Ansprache
Bild 1.741 - 1.743: ... und immer wieder die
Gesänge der Priester dazwischen
Bild 1.744 - 1.746: Meaza Abraham + Mulatu Teshome
+ Abune Mathias + Tawadros II.
Nun kann langsam der Festumzug beginnen und jederman sollte sich an dem
Platz seiner Wahl einfinden, wenn er noch erreichbar ist. Wenn der
Umzug erst einmal begonnen hat, ist es kaum noch möglich von
einem
Sicherheitsbereich in den anderen zu gelangen.
Bild 1.747 - 1.749: ... bitte die Plätze
einnehmen und alle Kameras scharf machen!
Ich werde versuchen wieder in die Platzmitte gegenüber den
Tribünen zu gelangen, denn dort sind die besten Motive zu
erhaschen und man ist mitten zwischen den Darstellern. Später
kann man von dort auch das Geschehen am Feuer hautnah miterleben. Auf
der offiziellen
Seite mit den Tribünen, hat man während der Parade
natürlich den
schönen Blick auf den Platz
mit den Rängen im Hintergrund. Persönliche
Nahaufnahmen von den Darstellern gelingen von dort allerdings weniger.
Am besten schauen wir
uns das von beiden Seiten aus an und teilen uns auf. ;-)
Was den Ausblick von den steinernen Rängen an der
Südseite des Platzes betrifft, wo sich im Anschluss das Addis
Ababa Museum befindet, müssen wir uns keine Gedanken mehr
machen. Dafür ist es sowieso zu spät, und von dort
hat man außerdem keine Chance in die anderen Bereiche zu
gelangen,
wie wir es bisher
konnten.
Bild 1.750 - 1.754: ... wieder mitten auf dem
Platz angelangt. Bild 1.752 + 1.753: Die Festivalbroschüre
"Meskel and Ethiopians Relation and Cooperation between Ethiopian
Orthodox Tewahedo Church and The Coptic Church"
Bild 1.755 - 1.762:
Gesänge und Tänze auf dem Meskel Square
Die Ränge und Tribünen um den Meskel Square herum
sind nun komplett mit Zuschauern ausgefüllt. Dazwischen
zahlreiche Polizei- und Militärketten und dies besonders
zahlreich an den steinernen Rängen an der Südseite
des Platzes. Auf der Süd- und Westseite des Platzes nehmen
auch die Schaubilder für den Festumzug Aufstellung, bevor sie
an den Tribünen vorbeiziehen und jeweils vor der
Tribüne mit der höchsten Prominenz längere
Zeit verweilen, um dort ein farbenfrohes Programm vorzuführen.
Bild 1.763 - 1.770: Zwischen den Darstellern auf
der Platzmitte
Es macht Spaß die vielen interessanten Menschen und
Gesichter zu fotografieren. Man muss gar nicht erst fragen, denn sie
freuen sich wenn sie aufgenommen werden. Und da sie selbst für
ihre eigenen Handyaufnahmen immer wieder posieren, braucht man sich oft
nur noch zu beteiligen. Für Fotos wird es allerdings mit einer
einfachen Ausrüstung langsam immer schwieriger, da die
Dämmerung hereinbricht. Für die Videokamera ist das
kein Problem. Also schaut unbedingt die dreiteilige Zusammenfassung am
Ende an, wenn ihr die Atmosphäre live miterleben wollt.
Bild 1.771 + 1.772: Jeder ist mit seinem Platz und
Sicherheitssektor zufrieden. :-)
Bild 1.773 - 1.778: Meskel-Fest - Der Umzug
Dann ergibt sich plötzlich ein großes Problem.
Dummer Weise ist mein Rucksack am Tribünenplatz verblieben und
somit meine Ersatz-Akkus in unerreichbare Ferne gerückt. Als
ich mich für den jetzigen Platz entschieden hatte, war noch
genügend Power auf der Kamera. Ich hätte nie gedacht,
dass die Aufnahmen so lang werden und die verbliebene Zeit der
Restenergieanzeige geht unerbittlich immer weiter zur Neige. Zum
Glück ist zwischen den Schaubildern immer wieder ein freies
Sichtfeld zu den Tribünen, und ich versuche mich mit Gesten
bemerkbar zu machen und das Problem zu erklären. Dank gutem
Zoom von der Gegenseite wird die Situation sofort erkannt
und Henok gelingt es tatsächlich die Posten zu
erweichen, um mir einen neuen Akku bringen zu können.
Bild 1.779 + 1.780: Pressegerangel an der
Haupttribüne und "Energieservice" Henok auf dem Weg zu meiner
nicht ganz legalen Position :-)
Nun kann nichts mehr passieren. Was sind wir doch für ein
perfektes Team! Mit dem neuen Akku habe ich so viel Freiraum, den ich
ganz sicher nicht mehr ausschöpfen werde.
Bild 1.781 - 1.788: Der Festumzug dauert an bis es
Nacht wird
Als schließlich die Sonne lange hinter dem Horizont
verschwunden ist, zahlreiche Schaubilder präsentiert worden
sind und die Nacht über den Meskel Square
hereinbricht, wird es Zeit für das Bonfire oder Demera. Bevor
es soweit ist, geht schon lange vorher ein Lichtermeer aus Kerzen,
Feuerzeugen und
Handylampen an und taucht den Platz in eine unglaubliche
Atmosphäre. Dies unabhängig von der beeindruckenden
Geräuschkulisse, von der jedes Fußballstadion
träumen würde. Abune Mathias, Pope Tawadros II., die
Staatsführung Äthiopiens und deren
Ehrengäste von der Haupttribüne, umrunden das
vorbereite Lagerfeuer mehrmalig entgegen dem Uhrzeigersinn, bevor es
entzündet wird. Dazu tragen beide Päpste, der
Präsident
und wenige andere Persönlichkeiten lange Fackeln, die sie
gemeinsam in den Haufen stecken.
Bild 1.789 - 1.793: Das Feuer wird
zum Abschluss des Festivals entzündet
Jetzt wird es noch einmal richtig warm und Polizei und Militär
sorgen für den richtigen Abstand der Leute zu dem Inferno. Als
das innere Stützgerüst des Feuers zusammengebrochen
ist, wird es immer kleiner und geht nach zirka 40 Minuten langsam
seinem Ende entgegen.
Plötzlich kommen immer mehr Polizisten mit Helm und
Schlagstöcken in den inneren Kreis gelaufen, was mich zum
Rückzug bewegt. Man kann ja nie wissen. Die werden sicher
wissen
warum sie sich ausgerechnet jetzt an dieser Stelle postieren und die
Zuschauer weiter zurückdrängen. Wie wir
später erfahren, sind wohl viele Leute darauf aus, nach dem
Abbrennen des Lagerfeuers ein Stück der heiligen Glut oder
Asche zu ergattern. Vielleicht ist das der Grund, einen
unkontrollierten Ansturm auf das Feuer zu vermeiden.
Füer alle die ein paar Auszüge des zuvor
geschilderten Geschehens im Video erleben möchten, gibt es
nachfolgend drei Zusammenfassungen von Ausschnitten des Festivals. Das
dürft ihre euch nicht entgehen lassen. Allerdings
müsst ihr ein wenig Zeit, Ruhe und Interesse mitbringen.
Video: Meskel Ceremony - Meskel Fest -
Part 1/3
Video: Meskel Ceremony - Meskel Fest -
Part 2/3
Video: Meskel Ceremony - Meskel Fest -
Part 3/3
Ein erlebnisreicher und interessanter Tag geht zu Ende und wir
begeben uns zurück zu unserer Unterkunft. In Addis kehrt aber
lange noch nicht Ruhe ein. Überall wir getanzt und gefeiert.
In
verschiedenen Nebenstraßen brennen sogar kleinere Lagerfeuer
auf
der Straße und niemand hat etwas dagegen. Fast bekommen wir
Lust,
uns noch irgendwo dazuzusetzen. Noch lange in die Nacht hinein, dringt
das flackernde Licht der Feuer und die Musik der Feiernden in unser
Zimmer und hindert uns am Einschlafen.
Wir sehen uns morgen wieder, wenn wir in aller Ruhe noch ein paar Orte
in Addis Ababa ansehen und am Abend ein traditionelles Restaurant mit
umfangreichem Kulturprogramm besuchen werden. Wer sich in Addis Ababa
aufhält, muss dort ganz einfach einmal gewesen sein. Aber es
ist
höchste Vorsicht vor den feurigen Speisen geboten. ;-)
Copyright: www.reggaestory.de
Fotos: Marion & Peter Joachim
Text + Videos: Peter Joachim